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Altes Land / Von Dörte Hansen

September 23, 2016

Mutter und Tochter kommen auf der Flucht aus Ostpreußen ins Alte Land, der niederdeutschen Region bei Hamburg, die vor allem durch seine Apfelbäume berühmt ist. Ein Zusammenprall der Kulturen: Die einstige Großgrundbesitzerin wird bei einer garstigen Obst-Bäuerin einquartiert, die das nicht will, andererseits Hilfe gebrauchen kann, bis der Sohn aus der Gefangenschaft heimkehrt. Doch dann entwickeln sich die Dinge anders. Das Buch erzählt mehrere Geschichten, im Fokus stehen jedoch das kleine Flüchtlingsmädchen, das sich im Alten Land ein Leben aufbaut, in dem sie sich mit ihrer kantigen Art ein Zuhause erkämpft, und ihre Nichte, deren Lebensweg auch von Brüchen gekennzeichnet ist.

Das ist eine interessante Geschichte, die mir auch erzählerisch eigentlich gut gefallen hat. Hansen kennt Land und Leute, das merkt man sehr. Andererseits hat mich gestört, dass sie am Ende irgendwie auch in Schablonen fällt. Einmal bei der Beschreibung der Hamburger Yuppies, die scheinbar das wahre Landleben entdecken, wenn sie nicht gerade ihre Kinder verziehen oder sich mit der Aufarbeitung von Befindlichkeiten befassen. Stimmt vermutlich alles, war mir aber zu simpel, bzw. schon ein wenig abgenudelt. Dann, was schlimmer wiegt, bei der Beschreibung der Leute vom Land. Es gibt da einen Autoren, der sich rühmt, die Landbevölkerung wirklich zu kennen, ihr wahres Leben, ihre Mentalität. Und der sein Wissen in Büchern über das „echte“ Landleben vermarktet. Da sind die knorrigen Leute halt „Originale“, die man einfach lieben muss. Was ich mich frage (abgesehen davon, dass auch diese Episode amüsant, aber auch klischeehaft ist): Macht Hansen nicht dasselbe? Bei ihr sind die Dorfbewohner etwas komplexer, aber auf ihre Art auch liebenswerte Originale, die mit der Zeit gegangen sind (oder auch etwas weniger). Man bekommt aber schon Lust, diese Leute in seiner Nachbarschaft haben zu wollen. Und ein Buch macht sie auch daraus.

Also ich komme aus einem Dorf von der Nordseeküste, ein wenig kenne ich die Leute auch. Vielleicht stolpere ich deshalb über diesen Aspekt. Aber eigentlich ist das auch nur ein kleiner Einwand gegen ein Buch, das sich sehr unterhaltsam und interessant weglesen lässt.

From → Allgemein

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